COP29 2024

Eindrücke der 29. Klimakonferenz in Baku

Ein Bericht von Alexander Griebler (MUL) und Lisa Waldschütz (CCCA)

Die 29. UN-Klimakonferenz (COP29) der Vereinten Nationen fand dieses Jahr in Baku, Aserbaidschan, statt. Obwohl die Erwartungen an die Konferenz gering waren, war die Dringlichkeit, bedeutende Fortschritte zu erzielen, sehr hoch. Leider hinterlässt die COP29 einen fahlen Nachgeschmack und wirft viele kritische Fragen auf.

Die COP hat nun das dritte Mal in Folge in einem autokratischen Regime stattgefunden – einem Regime, das massiv von fossilen Energien abhängig ist, das Menschrechte mit Füßen tritt und diejenigen bedroht, die für Gerechtigkeit und einen sozialen Wandel eintreten. Gleichzeitig ist die Scheinheiligkeit der Industrienationen nicht zu unterschätzen. Unsere Gelder stützen diese menschenverachtenden Systeme - beispielsweise hat Italien auf der COP neue Lieferverträge für Erdgas und Erdöl mit Aserbaidschan unterschrieben. Es ist dringend notwendig, dass sich gerade die EU auf ihre Grundwerte besinnt und als echte Verfechterin von Frieden und Umwelt agiert. Dies bedeutet keinen Handel mehr mit autokratischen Regimen zu betreiben und eine gleichberechtigte Wirtschaft zu schaffen, in der alle Partner:innen - auch die Schwächsten - auf Augenhöhe behandelt werden. Dafür braucht es Ambition, doch Ambition ist es was die EU in den Verhandlungen hat missen lassen. Es ging wohl nie darum einen ausreichenden Beitrag zur Klimafinanzierung zu finden sondern, den geringstmöglichen Beitrag ohne komplett das Gesicht zu verlieren, zu leisten. Es überrascht nicht, dass der Wandel hin zu einem resilienten System von den Erdölproduzenten blockiert wird. Es überrascht die Rolle der Industrienationen, die mit ihrem Verhalten keinen Beitrag leisten, diese Blockade zu lösen – ein Verhalten, das angesichts dargestellter Ambitionen (Green New Deal), ihrer Verantwortung und ihrer Möglichkeiten nicht unbedingt zu erwarten wäre. Die Zeit drängt. Doch weder in der Politik, der Industrie noch in großen Teilen der NGO-Landschaft ist der Wille erkennbar, das Notwendigste zu tun, um den Teufelskreis der Klimakrise zu durchbrechen. 

Artikel 6: Verhandlungen zu CO2-Märkten

Ein wichtiger Punkt auf der Agenda der COP29 waren die Verhandlungen zu Artikel 6 des Pariser Abkommens, der die Regeln für internationale CO2-Märkte festlegt. Diese Verhandlungen sollten abgeschlossen werden, um klare Richtlinien für den Handel mit Emissionszertifikaten zu schaffen und so die globalen Bemühungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu unterstützen.

Am Ende der COP29 konnten sich die Vertragsparteien auf ein gemeinsames Regelwerk einigen. Der Beschluss wird grundsätzlich als Fortschritt gesehen, durch die Komplexität des Regelwerkes besteht laut Kritiker:innen jedoch die Gefahr, dass daraus Schlupflöcher entstehen, die von Ländern und Unternehmen ausgenutzt werden könnten. Es wurden außerdem strengere und klarere Regeln gefordert, um sicherzustellen, dass die CO2-Märkte tatsächlich zu einer realen Emissionsreduktion beitragen.

Klimafinanzierung (New Collective Quantified Goal on climate finance, NCQG)

Das Hauptthema in Baku war die Klimafinanzierung. Die Klimafinanzierung sollte gestärkt und erhöht werden, um den Ländern des Globalen Südens eine gewisse Sicherheit zu bieten und die Unterstützung des globalen Nordens zu signalisieren – bei der Transformation, bei der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels und beim Umgang mit klimawandelbedingten Verlusten und Schäden.

Das bisher gesetzte Ziel war es, Zahlungen in der Höhe von 100 Milliarden Dollar an Länder des globalen Südens zu leisten. Die Länder des globalen Südens forderten nun eine Erhöhung auf 1,3 Billionen Dollar, mindestens jedoch eine Erhöhung auf 500 Milliarden Dollar bis 2030. Zusätzlich gibt es Kritik an der bisherigen Zusammensetzung der Finanzierung. Diese bestand zu knapp 42 % aus „non-concessional loans“. Das sind Kredite, die zu marktüblichen Konditionen gehandelt werden (Zinsrate, Rückzahlungsfrist etc.). Eine Forderung der LDCs (Least Developed Countries) war, dass es keine Zinsberechnung durch Staaten geben soll, die diese Kredite vergeben.

Auch die Zivilgesellschaft forderte wiederholt, dass die finanziellen Zusagen von Milliarden auf Billionen erhöht werden müssen, um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden. Die Forderungen der Zivilgesellschaft waren beide Wochen über laut und deutlich durch Demonstrationen vertreten worden.

Einigung am Ende

Am Ende einigten sich die Vertragsparteien auf einige Maßnahmen, die jedoch weit hinter den Erwartungen zurückbleiben. Es wurde beschlossen, die jährlichen Finanzhilfen für die Länder des globalen Südens bis 2035 auf mindestens 300 Milliarden Dollar zu erhöhen. 

Alleine in Österreich verursachte das Hochwasser im September Schäden in Höhe von 1,3 Milliarden Euro (2023 verursachte der Schaden im Ahrtal in Deutschland einen Schaden von 60 Mrd. €). Im Vergleich dazu hat sich die internationale Staatengemeinschaft auf weltweite Finanzhilfen geeinigt, die gerade einmal das 230-Fache dieses Betrags umfassen (bis 2035) – und das für eine globale Krisenbewältigung sowie Energiewende, die Milliarden von Menschen betrifft. Zum Kontext: Die gesamte Landfläche der Erde ist etwa 1.776 Mal größer als Österreich. Doch während Österreich durch seine relativ geschützte geografische Lage und eine hervorragend ausgebaute Schutzinfrastruktur Schäden dieser Art zumindest eindämmen kann, sind viele Länder – insbesondere im globalen Süden – solchen Extremwetterereignissen weitgehend schutzlos ausgeliefert. Dort fehlen nicht nur die Mittel für Schutzmaßnahmen, sondern oft auch die Ressourcen für den Wiederaufbau nach einer Katastrophe und da reden wir noch gar nicht von den benötigten Mitteln für eine Transformation der Energieinfrastruktur. Diese Ungleichheit unterstreicht die Dringlichkeit, die Klimafinanzierung nicht nur zu erhöhen, sondern endlich der Realität und den tatsächlichen Bedürfnissen der betroffenen Regionen anzupassen. Es steht nicht weniger auf dem Spiel als die Sicherheit und das Überleben von zig Millionen Menschen, die in extrem verwundbaren Verhältnissen leben. 

Als zukünftige Zielgröße wurde zwar die Summe von 1,3 Billionen Dollar genannt, jedoch ohne detaillierte Angaben zur Herkunft der Mittel zu machen und wie sie erreicht werden sollen bis 2035. Es wurde zwar vereinbart, den Anteil der “non-concessional loans” zu reduzieren und stattdessen mehr Zuschüsse und zinsfreie Kredite anzubieten. Doch trotz dieser Beschlüsse bleibt zu bezweifeln, dass diese Maßnahmen auch nur ansatzweise ausreichen werden, um die dringend benötigte Unterstützung für die am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder zu gewährleisten. 

Es wirkt als Hohn, dass im finalen Beschlusstext die Notwendigkeit unterstrichen wird, dass Schwellenländer und Länder des globalen Südens bis 2030 einen Finanzierungsbedarf (basierend auf ihren Nationally Determined Contributions) von 4,87 - 6,49 Billionen € haben und gleichzeitig die 300 Milliarden als Maximum und Schmerzgrenze bezeichnet werden. Auch nach der COP29 ist nicht geklärt, aus welchen Mitteln sich die Klimafinanzierung tatsächlich zusammensetzen wird. Es ist gut möglich, dass dies erst in Brasilien bei der COP30 nächstes Jahr endgültig fixiert wird. 

Die COP29 in Baku hat gezeigt, dass die internationale Gemeinschaft weit davon entfernt ist, die Herausforderungen des Klimawandels gemeinsam effektiv zu bewältigen. Es bedarf einer echten politischen Willensbekundung, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen. Die Forderungen der Zivilgesellschaft nach mehr Transparenz, fairer finanzieller Unterstützung und ambitionierteren Emissionszielen müssen endlich ernst genommen werden. Das Versagen der COP29 ist kein Versagen Einzelner, sondern ein kollektives Scheitern.