Die 25. Vertragsstaatenkonferenz (COP25) der UN Klimarahmenkonvention (UNFCCC) in Madrid hat eine weite Reise hinter sich. Ursprünglich vorgesehen für Brasilien, sollte Chile die jährlich stattfindenden Verhandlungen ausrichten. Nach Unruhen aufgrund Preissteigerungen öffentlicher Leistungen sah sich Chile außerstande das Treffen auszurichten, und Spanien organisierte in kürzester Zeit die Zusammenkunft der 197 Vertragsstaaten. Innovativ ist, dass die nun in Madrid stattfindende Konferenz zum ersten Mal komplett in weiblicher Hand ist - geleitet von der UNFCCC Generalsekretärin Patricia Espinosa sowie den beiden der Konferenz vorstehenden Umweltministerinnen María Carolina Schmidt aus Chile und Teresa Ribera aus Spanien.
Wo stehen die Beratungen nach der ersten Woche, die traditionell den technischen Verhandlungen gewidmet ist? Es gab viel Bewegung in den Verhandlungshallen, den Pavillons der Länder und internationalen Organisationen (inklusive der Wissenschaft) sowie auf den Straßen Madrids - eine Großdemonstration angeführt von Greta Thunberg brachte ca. 50.000 Menschen zusammen. Bei den Verhandlungpositionen selber ist noch mehr Bewegung notwendig, insbesondere was das Regelwerk für die ab 2020 anstehende Umsetzung des Pariser Abkommens betrifft.
Weitgehend konnten 2018 bei COP24 in Katowice die notwendigen Regeln verabschiedet werden, welche die Berichterstattung und gegenseitige Evaluierung der Fortschritte zu Klimaschutz und Anpassungszielen koordinieren - insgesamt postuliert das Pariser Abkommen ja Freiwilligkeit, jedoch auch gegenseitige Evaluierung und Stärkung der Ambition. In Madrid sind insbesondere die folgenden Verhandlungspositionen noch offen:
- Regeln für den weltweiten CO2-Handel (Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens): Das Paris Abkommen beruht insgesamt auf der Idee starker inländischer Emissionsreduktionen mittels einer umfassenden Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Viele Vertragsstaaten sehen in ihren Klimaschutzplänen auch den internationalen Handel von Emissionsreduktionszertifikaten vor. Um nicht der angestrebten globalen Emissionsreduktion entgegenzuwirken und diejenigen zu belohnen (mittels Erlösen durch den Verkauf von Zertifikaten nach erfolgter CO2-Reduktion), die massive Anstrengungen unternehmen, gilt es sicherzustellen, dass tatsächlich reduziert wird (verglichen mit einem Basisjahr wie 1990) und Reduktionen nicht doppelt verrechnet werden (durch das reduzierende sowie das erwerbende Land); auch ist wichtig, dass die Emissionsreduktionsmaßnahmen ethisch und sozial korrekt umgesetzt werden, was bei Aktionen im Rahmen des Kyotoprotokolls nicht immer der Fall war.
- Klarer Zeitrahmen für Revisionen der nationalen Klimaschutz-und Anpassungspläne (National Determined Contributions - NDC): Wie ursprünglich vorgesehen, fordern viele Verhandler, besonders die aus besonders vom Klimawandel betroffenen Länder des Südens, Zeitrahmen von 5 Jahren; insbesondere einige Industrieländer schlagen vor, dies nur alle 10 Jahre vorzunehmen. Da die derzeitigen kollektiven Anstrengungen bei weitem nicht zum Pariser 1.5 oC Ziel hinreichen, erscheint hier die kürzere Frist notwendig, welche zeitnahe gegenseitige Evaluierung und Anpassung der Pläne erlaubt. Die EU erscheint in dieser wichtigen Frage noch unentschieden und eine Klärung der Position könnte hier Fortschritte bringen.
Des Weiteren, und nicht direkt für das Pariser Regelwerk, sehr wohl aber für die kollektive Klimaambition relevant, wird in Madrid die Frage des Umgangs mit Klimafolgen diskutiert, die trotz Anpassung eintreten und besonders vulnerable Länder des Südens betreffen. Die Verhandlungen unter der Rubrik „Loss and Damage“ evaluieren Fortschritte im Rahmen des vor sechs Jahren verabschiedeten sogenannten Warschau Mechanismus (WIM). Positiv eingeschätzt in Madrid wurden der über die letzten Jahre erfolgte Wissensaustausch und Kapazitätsstärkung unter dem WIM; wenig ist geschehen zu Fragen der zusätzlichen Unterstützung derer, die unter den Klimafolgen besonders leiden, insbesondere der Finanzierung.
Die in der 2. Woche eintreffenden politischen Entscheidungsträger auf Ministerebene sind nun gefordert, die offenen technischen Punkte zu klären. Letztendlich dient das Madrider Treffen aber auch der Bestärkung der generellen Klimaambition. Viele Vertragsstaaten haben Aktionen zur Emissionsreduktion gesetzt, zuletzt Dänemark, das eine Emisisonsreduktion um 70 % bis 2030 (verglichen mit 1990) sowie Finanzierung für Entwicklungsländer gesetzlich verankert. Die globalen Treibhausgasemissionen steigen jedoch immer noch, derzeit mit geringeren Zuwachsraten; jedoch müssten in den nächsten Jahren die globalen Emissionen stark fallen, um dem 1.5 oC Ziel noch eine Chance zu gegeben. Die derzeitige Ambition mittels nationaler Vereinbarungen (pledges) würden gemäß von Projektionen im besten Fall zu einer globalen Erwärmung um ~3 Grad führen, mit katastrophalen Auswirkungen auf Mensch und Ökosysteme, auch in Österreich, wie verschiedene wissenschaftliche Berichte der letzten beiden Jahre zeigen - an vorderster Front IPCC’s Sonderberichte zum 1.5 oC Ziel, zu Land und zu Ozeanen & Kryosphäre, und auch der APCC Bericht zu Gesundheit und Klimawandel.
Die Rolle der Wissenschaft wird in Madrid bisher angemessen gewürdigt und soll neben der geforderten stärkeren Klimaambition prominent im Schlusstext der Verhandlungen erwähnt werden. Aktionen der die Verhandlungen beobachtenden und kommentierenden zahlreich vertretenden Zivilgesellschaft (mit guter österreichischer Beteiligung) sollten zusätzliche Dynamik und Bestärkung der kollektiven Ambition zu Klimaschutz-und anpassung erbringen. Als zentraler Schlusspunkt sind für den letzten Tag der Verhandlungen, Freitag, den 13. Dezember, weltweit wieder Friday For Future - Demonstrationen vorgesehen, dies auch vor den Toren der Madrider Verhandlungen.
Für den CCCA Vorstand, Dr Reinhard Mechler