In einer Stellungnahme zur Klimakrise hat die österreichische Bioethikkommission wichtige Empfehlungen an die Politik formuliert, darunter die Beschleunigung überfälliger legistischer Projekte wie eines neuen Klimaschutzgesetzes. Insbesondere die medienpolitischen Vorschläge der Kommission hat der Philosoph Konrad Paul Liessmann in seinem jüngsten Kommentar in der "Wiener Zeitung" vom 16./17. Juli unter Ideologieverdacht gestellt. Würde die Qualität der Berichterstattung am "wissenschaftlichen Konsens" zur Klimakrise gemessen, den es im Übrigen nicht gebe, so Liessmann, dann drohe die "staatliche Kontrolle" der freien Meinungsäußerung. Dieser Polemik ist zu widersprechen.
Jede Naturwissenschaft entwickelt im Laufe der Zeit im Wechselspiel von Theorie, Experiment und Beobachtung einen Wissenskanon - Wissen, über das Konsens herrscht. In der Klimaforschung haben vor etwa 50 Jahren bahnbrechende Arbeiten, voriges Jahr mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet, den Grundstein für einen solchen Kanon gelegt. Der Weltklimarat IPCC trägt wesentlich zur Entwicklung dieses Kanons bei.
Doch trotz Unsicherheiten können aktuelle Ergebnisse handlungsrelevant sein. Zum Beispiel kann nach jetzigem Wissensstand nicht ausgeschlossen werden, dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2300 um 15 Meter steigt, wenn wir unsere Emissionen nicht deutlich reduzieren. Konsens besteht keiner, trotzdem ist diese Information für die Malediven oder New York relevant. Spätestens hier ist klar, dass Liessmanns Vergleich mit Corona hinkt: Bei Covid-19 sehen wir gerade Forschung im Schnelldurchgang. In der Klimaforschung hat sich über Jahrzehnte ein Kanon entwickelt, und durch das IPCC gibt es eine ziemlich klare Idee, wo es noch offene und strittige Fragen gibt.
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